Am 10.02.2021 bekam Silvia Schwarzmann – 1. Vorsitzende von Wirbelwind e.V. – Verein gegen sexuelle Gewalt an Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Staufermedaille.
Die Staufermedaille ist eine Auszeichnung des Landes Baden-Württemberg. Sie ist eine besondere, persönliche Auszeichnung des Ministerpräsidenten für Verdienste um das Land Baden-Württemberg. Die Ehrung ist mit einer Urkunde verbunden, in der Dank und Anerkennung zum Ausdruck gebracht werden.
Frau Schwarzmann erhält diese Ehrung für ihr langjähriges Engagement für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt im Landkreis Reutlingen. Gemeinsam mit anderen Frauen hat sie 1992 die Vereinsarbeit für Wirbelwind begonnen und ist seither durchgängig engagiert, um das Thema aus der Tabuzone zu holen, zu informieren, Kinder zu schützen und Betroffene zu unterstützen.
„Ich bin sehr berührt und dankbar und nehme die Ehrung gerne entgegen. Für mich, aber auch für die vielen Mitstreiterinnen, die in all den Jahren an meiner Seite waren. Dazu gehören z.B. Gisela Zenke, Monika Feldhahn, Rita Singer und später noch Gerda Eschmann“, freut sich Frau Schwarzmann über die Ehrung. „Ich bin stolz auf uns, dass wir alle gemeinsam so lange Ausdauer hatten, bis das möglich wurde, was Wirbelwind heute ist: eine im Landkreis bekannte und geschätzte Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend.“
Sie beschreibt die Anfangszeit, vor allem die Aufbruchsstimmung und wie selbstverständlich es für die Gründerinnen war, sich für die Belange von Betroffenen einzusetzen. Dazu gehörte der Aufbau der Begleitung und Beratung für Betroffene, die ersten Fortbildungsangebote für Fachkräfte und Präventionsangeboten in Schulen, die Organisation von Projekttagen und öffentlichkeitswirksamen Aktionen wie z.B. Theateraufführungen.
All dies geschah im Ehrenamt. Jedoch wuchsen mit dem steigenden Bekanntheitsgrad von Wirbelwind und der zunehmenden Enttabuisierung des Themas sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend die Anforderungen für die engagierten Frauen. Die Aufgaben nahmen zu und „schließlich waren sie mit dem Kind auf dem Arm oder an der Kasse beim Einkauf nicht mehr händelbar“ beschreibt Silvia Schwarzmann lachend.
Versuche, eine gesicherte öffentliche Finanzierung zu bekommen führten leider nicht zum Erfolg und auch das Stemmen und Aufbauen der Stiftung Wirbelwind erbrachte nicht den erhofften Zinsertrag zum Aufbau einer Beratungsstelle mit fest angestelltem Personal.
„Damals war es richtig eng. Uns war nicht klar, wie lange es Wirbelwind noch geben kann.“ In dieser herausfordernden Zeit kam die Zusage vom Landkreis Reutlingen, eine 50%-Stelle zu finanzieren. Das war 2013.
In der Zwischenzeit ist die Beratungsstelle angewachsen: mit dem Auftrag des Landkreises zur Umsetzung der Qualifizierungsinitiative zu sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend wurden die Stellen bei Wirbelwind ab 2019 erweitert und so finden nun im Rahmen des Kommunalen Schutz- und Präventionskonzepts Qualifizierungen für Fachkräfte im ganzen Landkreis statt. Und die Beratungsanfragen steigen: von 2019 auf 2020 um fast 50%. „Ich bin immer noch in die inhaltliche Arbeit eingebunden und sehe, wie wichtig eine qualifizierte Beratung für Betroffene, Angehörige und Fachkräfte ist. Und zwar bei allen Aspekten von sexualisierter Gewalt: sei es der strafbare sexuelle Missbrauch, Übergriffe unter Kindern oder die digitale Gewalt – also Übergriffe im Netz und den sozialen Medien“.
Das Wachstum wurde auch räumlich nötig: 2020 zog Wirbelwind von der Rommelsbacher Straße in den Kaiserstraße 4 direkt am Bahnhof. Auch hier war es wieder eine engagierte Frau, die dies durch ihre Unterstützung ermöglichte. Bis heute spielt das Ehrenamt bei Wirbelwind eine wichtige Rolle und so fand der Umzug ausschließlich mit freiwilligen Helfer*innen statt. Eine wunderschöne Aktion in einer Zeit, in der Zusammenhalt so wichtig ist.
„Ich bin sehr froh und bereue keine einzige Stunde, die ich und die wir in all den Jahren in den Aufbau und den Erhalt von Wirbelwind investiert haben.“, resümiert Silvia Schwarzmann. Und sie wird dies auch weiter tun: „Momentan ist noch nicht an einen persönlichen Rückzug zu denken. Wirbelwind braucht das Ehrenamt, um die Unabhängigkeit der Beratungsstelle zu sichern“. Trotz der Finanzierung durch den Landkreis Reutlingen und hoffentlich auch weiterhin der Stadt Reutlingen ist Wirbelwind auf Spenden, Mitgliedsbeiträge und andere Förderungen angewiesen. „Wir freuen uns über jede engagierte Frau, die sich in die Vereinsarbeit einbringen möchte. Es lohnt sich. Und manchmal gibt’s dafür auch eine Medaille.“ Wichtiger sei aber das Bewusstsein darüber, etwas für Kinder und Jugendliche zu tun, die sexualisierte Gewalt erleben mussten oder dazu beizutragen, dass dies verhindert werden kann. „Und da werden wir im Ehrenamt alles dafür tun, um unsere Mitarbeiterinnen darin zu unterstützen.“